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Zurück zur ÜbersichtErbschaftsteuerlicher Freibetrag für das Kind eines zivilrechtlich als verstorben geltenden Elternteils
Der zivilrechtliche Verzicht eines Kindes gegenüber seinen Eltern auf den gesetzlichen Erbteil bewirkt nicht, dass seinem Kind ‑ dem Enkel des Erblassers ‑ der Freibetrag zu gewähren ist, der im Falle des Versterbens des Kindes zu gewähren ist. Das Erbschaftsteuerrecht folgt insoweit nicht der Fiktion des Zivilrechts. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. So entschied der Bundesfinanzhof (Az. II R 13/22).
Das Urteil betrifft die Anwendung von § 16 Abs. 1 ErbStG, der die Höhe der persönlichen Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer behandelt, im Fall des Vererbens von den Großeltern auf ihre Enkelkinder. In Nr. 2 der genannten Vorschrift wird die Höhe des Freibetrags für den Erb- oder Schenkungsfall zwischen Eltern und Kindern geregelt, für den Kindern ein Freibetrag von 400.000 Euro zusteht. Diesen Freibetrag erhalten auch Enkelkinder, wenn sie anstelle ihrer Eltern Erbe werden, weil diese bereits vorher verstorben sind. Lebt ein vorher erbberechtigter Elternteil noch, beträgt der Freibetrag gem. § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur 200.000 Euro. Im Urteilsfall lebte der Vater noch, als der Enkel von seinem verstorbenen Großvater testamentarisch zum Erben eingesetzt wurde. Das Enkelkind beantragte mit der Klage und der Revision aber trotzdem den Freibetrag gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, weil sein Vater auf sein gesetzliches Erbrecht inkl. Pflichtteilsanspruch verzichtet hatte. Für die Anwendung im Zivilrecht wird er damit gem. § 2346 Abs. 1 Satz 2 BGB wie ein Verstorbener behandelt. Diese zivilrechtliche Fiktion war nach Auffassung des Enkels hier auch im Erbschaftsteuerrecht anzuwenden. Es könne auch nicht zu einer doppelten Gewährung des höheren Freibetrags kommen, weil der Vater ja auf seinen Erbanspruch verzichtet hatte.
Der Bundesfinanzhof lehnte die Revision des Klägers gegen das Finanzgerichtsurteil allerdings ab. Er wies zunächst darauf hin, dass das Gesetz in dieser Vorschrift eindeutig auf „Verstorbene“ abhebe und nicht auch auf fiktiv als „verstorben geltende Personen“, wie dies in § 2346 Abs. Satz 2 BGB mit dem Ausdruck „wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebe“ ausgedrückt wird. Im Übrigen sei der Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht nicht gleichbedeutend damit, dass der Vater nicht mehr als testamentarischer Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden könne. Wenn in beiden Sachverhaltsvarianten die Enkel den höheren Freibetrag beanspruchen könnten, dann hätten zwei Generationen den Anspruch auf den höheren Freibetrag von je 400.000 Euro. Dies sei aber vom Gesetzgeber nicht gewollt. Der Bundesfinanzhof erläutert die verschiedenen Methoden zur Feststellung des objektiven Willens des Gesetzgebers und kommt unter Anwendung dieser Auslegungsregeln zu der Erkenntnis, dass nur der tatsächlich „verwaiste Enkel“ den Anspruch auf den höheren Freibetrag gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG hat. Diese Regelung verletze auch nicht das in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG garantierte Erbrecht oder den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Kinder von tatsächlich verstorbenen Eltern seien nicht gleich mit Kindern von fiktiv als „Verstorbene“ geltenden Eltern.
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